Hauptstadtkater

25. November 2025

Ich liebe Tolstoi und Putin liebt den Krieg

Natürlich bin ich auch ein Bildungskater. Ein Fan der russischen Literatur. Also, der alten russischen Literatur. 19. Jahrhundert, you know? Leo Tolstoi. Krieg und Frieden. Mein Werk. Ich liebe es. Weil es so aktuell ist. Und jeder Leser wissen müsste: Gewalt ist shit. Bringt nur Leid und Schrecken. Also her mit dem Frieden.

Und ich kugle mich mit Coco durchs Revier. Weiß manchmal nicht, wo Frieden aufhört und Krieg beginnt. Wenn sie mir die Zähne in den Pelz schlägt. Die Krallen um die Ohren haut. Ich dann aber spüre – und sehe: Okay, die Krallen sind eingezogen. Und dann noch als Zusatz eine Coco-Entschädigung: Ihre warme, raue Zunge, die über meine Nase gleitet. Also: Frieden. Kein Krieg.

Kremldespot Putin scheint Tolstoi nicht zu kennen – oder fehlzuinterpretieren. Er lässt weiter töten. In der Ukraine. Obwohl gerade der US-Friedensplan verhandelt wird. Von dem Putin behauptet, der sei eine Verhandlungsgrundlage. Klar, weil er ja offenbar aus russischer Feder zu stammen scheint.

Die Europäer und die Ukrainer haben nun mit den USA nachverhandelt. Klar sei, dass die Ukraine im Falle eines Friedens robuste Sicherheitsgarantien haben müsste, fordern sie. Was wiederum bedeutet, dass beispielsweise internationale Truppen in der Ukraine den Frieden absichern. Und dem Land weiter Waffen geliefert werden.

Auf jeden Fall müsse die Souveränität des Landes gewährleistet sein, heißt es weiter. Und die Ukraine müsse selbst entscheiden, ob sie dann für einen solchen Plan stimme. Es dürfe keinesfalls über ihren Kopf hinweg entschieden werden.

Klar, die Russen sind über die Nachverhandlungen nicht amüsiert. Europa habe bereits die Chance gehabt zu vermitteln und diese völlig versemmelt. Heißt es aus dem Kreml. Und: Moskau schätze nun eher Vermittler wie Belarus, die Türkei, Ungarn oder auch die USA. Und ich denke so – Staaten, angeführt von lupenreinen Demokraten – wie Putin selbst einer ist. Oh weia, die Despoten der Welt versammelt. Gruselkabinett.

Dabei könnte es doch alles so schön sein. Wenn es allen so gut ginge wie Coco und mir. Und unserer einzigen Sorge, ob wir genügend Leckerli bekommen haben. Oder auch meine Leute. Also, materielle Wünsche hätten sie eigentlich nicht mehr. Sagt Felix so lapidar dahin.

In seinem Kleiderschrank türmten sich nette und edle Shirts und Hosen – davon könnten noch zwei weitere Generationen zehren. Und Bücher habe er nun massiv ausgemustert. Denn zu mehr als Staubfängern seien die eh nichts nutze.

Und. Ich. Bin. Entsetzt. Ob dieser Dekadenz. Springe auf die Kiste mit den ausgemusterten Büchern. Sehe das Cover von Tolstoi: Zerre Krieg und Frieden wieder raus. Es darf nicht wahr sein. Denke ich so. Wahnsinn. Selbst Felix. Verblendet.

Weiter kann ich nicht denken. Spüre den stechenden Schmerz in meiner Flanke. Sehe Coco über mich kugeln. Ihre Kralle in meiner Seite. Spüre ihre spitzen Zähne. Spüre weitere Emotionen in mir steigen. Ärger. Wut. Verliere die Contenance. Und beiße zurück. Fest. Sie kreischt auf. Wild. Laut. Tut so gut. Sagt der kriegerische Hauptstadtkater. Der über euch wacht. Und jetzt: Chillt, Leute. 

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