Monat: September 2025

  • 30. September 2025

    Die Kritik der Vernunft streift den Unvernünftigen

    Ich bin vernünftig. Sage ich mal so. Eine Eigenschaft, mit der sich Menschen gerne brüsten, um dann zu behaupten, die Vernunft sei eine Qualität, die sie von Tieren unterscheide. Ich würde bitter auflachen – wenn ich es könnte. Aber meine Physiognomie lässt es nicht zu. Also – ich denke so: Liebe vernünftige Menschen, schaut: Ukraine. Schaut: Gaza. Schaut: Sudan. Aber da schaut eh keiner hin. Weil der Krieg dort zu kompliziert ist. Aber das ist ein anderes Thema. Ihr vernünftigen Menschen.

    Zurück zu mir: Ich habe verstanden, dass ich mein Revier künftig zu teilen habe. Coco ist hier. Und wird hierbleiben. Und da ich Krieg mit ihr ablehne – Vernunft!! – gehe ich Kompromisse ein – Vernunft!! Biete ihr meinen sogenannten Hamastunnel an – ein knisterndes Plastikteil, durch das Katze sich schlängeln kann. Den sie sofort okkupiert. Dann überlasse ich ihr noch meine Angel mit Maus dran. Und versuche entspannt zu bleiben, auch wenn sie ständig hinter mir herläuft. Vernunft!!

    Die meisten wissen: US-Präsident Trump ist unvernünftig. Und nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Im Fall Nahost kann sein eigener Vorteil ungewöhnlicherweise tatsächlich auch mal vernünftig sein. Trump legte einen 20-Punkte-Plan für Frieden im Gazastreifen vor. Sein Kalkül: Krieg stoppen, damit er – der Ex-Immobilienunternehmer – den völlig zerstörten Küstenstreifen wieder aufbauen kann. Und dort Deals machen kann. Klar: Zugleich geriert er sich als Friedensmacher – und Kandidat für den Friedensnobelpreis. Den er so gern hätte. Aber auch das: Ein anderes Thema.

    Trumps Bemühungen sind in diesem Fall erst einmal auch mal positiv für die Betroffenen und die Welt: Wenn Israel den Gazastreifen nicht mehr bombardiert, dann gibt es für die rund zwei Millionen dort noch lebenden Palästinenser wieder so etwas wie Hoffnung. Tatsächlich stimmte Israel dem Plan bereits zu, Trump behauptete, auch arabische und muslimische Staaten fänden ihn gut.

    Was drin steht? Unter anderem sollen die 20 noch lebenden und im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln freikommen – im Austausch mit palästinensischen Häftlingen. Die Hamas soll die Waffen abgeben, dann werde den Kämpfern Amnestie gewehrt. Eine von Trump geführter Friedensrat soll dann eine Übergangsregierung kontrollieren. Klingt erst mal vernünftig. Selbst für mich. Aber: Es fehlt die Hamas. Ob sie zustimmen wird? Trump, der nun vom ewigen Frieden dort schwadroniert, hat schon zu oft Hoffnungen enttäuscht.

    Ich sehe Coco: Sie schleicht um die Beine meiner Bruna. In deren Arme ich gerade liege. Und meine Bruna – lässt mich fallen. Nimmt Coco hoch. Alta, gibt es das? Was soll ich noch alles aufgeben? Ich hasse es. Meine Bruna ist heilig. Für mich.

    Vernunft! Ruft es in mir. Der Puls schlägt in meinen Schläfen. Ich schlurfe zu Cocos Napf. Mit Kittenfutter. Viel leckerer als mein Fraß. Ich hau rein. Meine subtile Rache. Und mir ist es sowas von egal, dass alle behaupten: „Charlie, davon wirst du noch fetter.“ Mir doch egal. Haben sie davon. Wenn sie so unvernünftig sind. Habe auch ich – irgendwann keine Vernunft mehr. Bin ja nur ein Kater.  

  • 29. September 2025

    Liebe auf den ersten Blick und die Lust aufs Defizit

    Diego is back! Nach zweieinhalb Monaten Südamerika. Kommt er nun in mein Revier – braun gebrannt, mit lässig übergezogenen Trikot des Rio-Top-Fußballclubs Flamengo – naturally Fake – barfuß in Flip-Flops, als ob er an der Copacabana promenierte. Dabei ist er zurück in der Realität, in der deutschen, grauen, kühlen Realität des Herbstes 2025. Im düsteren Flur eines Berliner Altbaus.

    Und Diego ist auch gleich wieder deutsch drauf: Er habe es gehasst – ja: gehasst! – in Frankfurt zu landen, erzählt er, nachdem er mich kurz in seinen intensiv duftenden Arm geschlossen hat. Und ich so, schnurrend: Yes, he is back. Der Kuschler Numero Uno.

    Aber ich will nicht abschweifen, zurück zu Diego:  Die Gesichter der Menschen in Deutschland seien – so ernst, so hart, so angespannt, so verkniffen, so gereizt, so unflexibel. Sprühten anders als jene in Brasil keine Lebensfreude aus. Nirgends ein Lächeln. Es sei kein Geben, sondern ein Nehmen von Energie. Seiner Energie.

    Immerhin – er merkt es selbst – alles doch ein wenig übertrieben. Als ob in Brasil alles easy wäre. Sagt Diego. Und in Frankfurt dann hätte er seine Meinung über die Deutsche Mentalität auch – fast – revidiert. Musste wegen eines Problems für den Weiterflug nach Berlin zum Lufthansa-Schalter.

    Und dort: Ein supernetter Typ. Offen. Smart. Gut gelaunt. Mit immer breiterem Lächeln, als er hörte, Diego sei in Brasilien gewesen. Denn: „Ich komme aus Rio und lebe seit acht Jahren in Deutschland. Sagt der junge Mann. Und Diego: Ach so, alles klar.

    In Deutschland sei eben alles Defizit. Meint Diego. Selbst Dinge, die objektiv betrachtet negativ seien, würden ihm nun fehlen.  Für das positive Brasil-Feeling. Beispiel: Die korrupte brasilianische Politik. Aber hier gäbe es nun mal nur Spröde-Kanzler Merz oder AfD-Chef Chrupalla – und keinen brasilianischen Glitzer-Typen wie den rechten Ex-Präsidenten Bolsonaro.

    Der war vor wenigen Tagen wegen eines Putschversuchs nach seiner Wahlniederlage gegen Lula vom Obersten Gerichtshof zu mehr als 27 Jahren Haft verurteilt worden.  Defizite aber auch am Berliner Flughafen: Wo es keine Taxifahrer gäbe, die einen anquatschen, wohin man fahren wolle. Oder ganz allgemein: Es gäbe keine Moped-Schwärme, keinen Lärm, keinen Smog, keinen dichten Verkehr, keine Sonne, keine Wärme.

    Und ich so: Aber klar doch: Wärme. Bekommst du von mir im Revier. Schnurre ich. Aber dann ist es auch mit meiner Herrlichkeit vorbei. Coco drängt sich vorbei. Springt auf seinen Arm, als ob sie ihn Ewigkeiten kennen würden. Und ich denke so: Als ob. Coco kuschelt sich an ihn, an sein seit elf Tagen nicht gewaschenes Flamengo-Trikot. Schnurrt.

    Und ich schwöre: Das ist Liebe auf den ersten Blick. Nice. Kitschig. Wie sie ineinander eintauchen. Dann gehe ich mal. Froh, dass da mit Diego einer ist, der mir nun die Arbeit abnimmt. Mit ihr. Der ständig Spielen Wollenden. Und tatsächlich. Diego schwingt die Angel mit der Maus. Und sofort. Hängt. Coco. Dran.

    Und Diego schneidet meinen Blick. Um mich zu verletzen. Sagt: Ich hätte mich verändert. Sei viel ruhiger, zurückgezogener und fetter geworden. Ja: Er sagt: Fetter. Krass. Voll Bodyshaming.

    Zumal es objektiv gesehen nicht stimmt. Es kann vielleicht so wirken. Weil Baby-Coco da ist. Schlank, rank, wild wie ein Rehkitz. Und ich von meinen Kurzhaar-Rasse-Genen eher ein Breit-Face bin, während Coco eher ein Schmal-Face Maine Coon ist. Aber: Das verstehen sie wieder nicht. Die Menschen. Schade.

  • 28. September 2025

    „Mein Kampf“ in Rom und Grenzüberschreitungen als Methode

    Inwieweit können Grenzen verschoben werden? Mir scheint, viele testen das gerade aus. Menschen. Tiere. Alle rücksichtlos. Ohne Reflektion darüber, was das Austesten auslösen kann. An Schmerz. Das fängt bei Coco an. Sie schafft es mittlerweile, den Kratzbaum zu erklimmen. Und den geheiligten Korb des Moro zu erreichen. In dem sie sich dann so platziert, als wäre es schon immer ihrer gewesen.

    Damit überschreitet sie für mich eine rote Linie: Denn es war Moros Korb. Den ich als Zeichen der Ehrerbietung bislang unbesetzt hielt. Sein Platz, auf dem nun ihr Kopf liegt. Nun – natürlich, sie weiß es nicht. Dass er, Moro, mein Kompagnon, vor gerade mal 80 Tagen starb. Insofern. Kein Vorwurf. Oder doch. Weil ich traurig bin. Dass er nicht mehr da ist. Wütend. Oder so. Undefiniertes Scheißgefühl einfach. Sorry.

    Dass in den USA seit einigen Monaten ständig Grenzen verschoben werden, schildere ich hier ja beinahe täglich. Heute ein besonders krasses Beispiel: Ein Moderator des rechten Senders Fox News bringt mich mit verstörenden Aussagen zum Kotzen.

    Nachdem vergangene Woche im UN-Hauptgebäude in New York die Rolltreppe ausgefallen war, just als US-Präsident Trump samt Frau Melania da draufstanden, sagte er allen Ernstes: „Das ist ein Aufstand, und wir müssen entweder die UN verlassen oder sie bombardieren. Aber sie ist in New York, oder? Vielleicht gibt es da Kollateralschäden. Vielleicht vergasen?“

    Unfassbar. Denke ich so. Die Grenzen des Unsagbaren werden verschoben.  Die Sprache wird rabiater. Und das wirkt sich dann auch auf die Handlungen der Menschen aus.

    Meine Nuria lustwandelt heute auf einem Flohmarkt in Rom. An einem Stand werden Bücher verkauft, nebeneinander Stapel von Meisterwerken der englischen und französischen Literatur aus dem 19. Jahrhundert: Emily Brontes „Sturmhöhe“ – ein Roman über Liebe und Leidenschaft – und Charles Baudelaires Gedichtsammlung „Die Blumen des Bösen“ – eine Abrechnung mit der Welt.

    Direkt daneben ein deutsches „Werk“ aus dem 20. Jahrhundert: Adolf Hitlers Kampfschrift „Mein Kampf“. Krass, in Deutschland ist der Verkauf des Pamphlets verboten, in Italien wird es verramscht neben Klassikern der Weltliteratur. Und ich denke so: Es gibt kein Bewusstsein, dass für die Demagogie faschistischer Massenmörder nirgends Platz sein sollte.  Unappetitlich. Unreflektiert.

    Coco chillt im Korb auf dem Schrank. Und ich denke so: Sie kann ja nichts dafür. Dass es einst Moros Platz war. Die Welt dreht sich immer weiter. Und ich bin sicher: Moro wäre glücklich, wenn er sähe, wie Coco nun in seinem Korb chillt.

    Puuh, wie schwülstig ich geworden bin. Merke ich selbst. Denn ich weiß: Moro wäre entsetzt. Hätte gefaucht. Und Coco verjagt. Um Grenzen zu wahren. Amen.

  • 27. September 2025

    Entzückende Rücken, Armut und WARK Rocinha

    Manchmal muss man einfach klare Kante zeigen. Bei mir heißt das: Klaren Rücken. Muskulös. Schön. Stark. Um Grenzen zu ziehen. Besser: Zu setzen. Beispielsweise vor der vorbei flanierenden Coco. Die immer wieder – scheinbar unabsichtlich – nach mir schlägt.

    Diego war heute auf Favela-Tour in Rio. Also, Armenviertel besichtigen. Und ich denke so: bisschen wie im Zoo, nur dass Menschen geguckt werden. Die haben damit aber offenbar kein Problem. Sagt Diego. Und fügt hinzu: Er habe sich sicher gefühlt, es sei entspannt in dem Gebiet.

    Sein Guide – ein Local – sei in der Favela anerkannt, habe sich nur einmal eines aufdringlich bettelnden Drogensüchtigen erwehren müssen. Indem er ihn ignoriert habe. Klar, man sollte nicht überall fotografieren. Hmmm, denke ich so.

    Die Favela Rocinha mit ihren rund 300.000 Menschen sei vom Rest der Stadt getrennt, es gebe so `ne Art Eingang, auch ein kleines Häuschen, wo man Eintritt – inklusive Führung – zahle, erzählt Diego. Er habe umgerechnet einen Euro bezahlt.

    In den 80ern sei das Gebiet tatsächlich arm gewesen, habe der Guide, ein 30-jähriger Brasilianer erzählt. Heute jedoch hätten alle Elektrizität und Internet. Klar, es herrschten hier eben eigene Gesetz. Die Polizei habe kaum was zu sagen. Dafür herrschten Gangs über die Viertel.

    Viele Hunde, viele Kater, viel Müll, Jugendliche mit Maschinengewehren, Drogenabhängige – all das habe er gesehen, erzählt Diego. Aber es gebe auch Supermärkte. Und zwei Krankenhäuser und drei Schulen. Wenig, sehr wenig.

    Und dann sei er plötzlich in einer Galerie gewesen. Von WARK. WARK Rocinha. Der Mann präsentiere Gemälde in Pop-Art-Style. Unter anderem eine Parodie des Abendmahls von Leonardo da Vinci – 400 Euro koste es. An den Wänden hingen aber auch zahlreiche Zeitungsartikel – auf Deutsch. Die von einer Ausstellung WARKs einst in Lüdinghausen berichteten. Die habe er WARK dann ins Englische übersetzt. Erzählt Diego.

    Der Guide habe dann gesagt: Wer hier in der Favela eine Zukunft haben wolle, der werde nicht Künstler, sondern entweder Elektriker oder Mechatroniker. Und deutet auf die Schwärme von vorbeirasenden Mopedfahrern. Und das Gewirr von Kabeln über den engen Gassen. Unruhig. Hier.

    Unruhig ist es heute auch hier. In Berlin. Ich schrecke auf, weil es krass laut ist. Vor der Tür. Stolper- und Schlurfgeräusche. Felix schaut: Vor ihm ein alter Mann, streng riechend, aus der zerrissenen Hose ragen offene Beine. Er wolle auf den Dachboden und da schlafen, sagt er. Und lächelt mir zu, da ich neben Felix in der Tür lauere. Nun, Felix kalt, das mir fröstelt, schüttelt seinen Kopf. Fragt, ob er Hilfe holen solle, was der Mann ablehnt. Und begleitet ihn dann nach draußen. Das war’s.

    Und ich denke so: Krass. Reiches Land. Armut vor unserer Haustür. Die dann schnöde weggeschickt wird. Als ob es sie nicht gäbe. Wie fühlt sich das an? Frage ich mich. Shame on Felix. Denke ich so. Während Coco von meinem breiten Rücken abprallt. Grenzen eben. Gesetzt. What a shame.

  • 26. September 2025

    Über Impfungen und Unterschriftautomaten im Weißen Haus

    Sie sitzt wie eine fette Made in meinem Pelz. Lässt sich nicht abschütteln. Also kugle ich mich. Auf sie, auf Coco. Und liege nun auf ihr. Mit ihren Pfoten in meinem Gesicht. Beginnt sie meinen Hals zu lecken.

    Und ich muss sagen: Nice. Zwar anstrengend mit ihr. Aber: Nur was anstrengt, entfaltet Tiefe. Emotionale Tiefe. Denke ich so. Kurz bevor sie aufspringt und mir in die Pfote kneift. Coco: Ein Wildfang. Eben.

    Der anstrengendste Mensch, den ich so kenne, ist derzeit US-Präsident Trump. Absolut erratisch in seinem Tun und Handeln. Affektgetrieben. Grundsätzlich aber: Boshaft. Ohne jedweden Anstand. Primitiv. Rachsüchtig. Egomanisch. Machtgeil. Lieblingsbeschäftigung: Andere demütigen. Sorry: Aber das musste jetzt mal raus.

    Ein kleines Beispiel, das gut illustriert, wes Geistes Kind er ist: Sein erneutes Nachtreten gegen seinen Vorgänger, den schwer erkrankten Joe Biden – dem er ja schon im Wahlkampf vorgeworfen hatte, zu gebrechlich für den Job zu sein.

    Nun lässt Trump eine neue Galerie mit Fotos aller US-Präsidenten im Weißen Haus eröffnen. Schwarz-Weiß-Fotos in goldenen Rahmen zeigen die Staatschefs – chronologisch angeordnet. Ein Porträt von Biden – fehlt.

    Zwischen den beiden Konterfeis Trumps ist ein Foto einer Unterschriftenmaschine zu sehen – ein sogenannter Autopen, mit dem Präsidenten ihre Signaturen automatisch setzen können. Ein Gerät, wie es heißt, das Präsidenten angesichts der Vielzahl an Unterschriften, die sie leisten müssen, oft nutzen.

    Trump behauptet aber nun, Bidens Leute hätten den Automaten eingesetzt, um Begnadigungen unterschreiben zu lassen – ohne dass Biden das genehmigt habe. Beweise für die ehrrührige Behauptung – Fehlanzeige. Aber allein durch das Posten dieser Bilder setzt sich das Narrativ Trumps vom „Sleepy Joe“ weiter fest. Bei seinen Fans. Und jenen, die unsicher sind. Und sich von solchen Erzählungen catchen lassen.

    Ich würde immer Fotos von Coco aufhängen. Wenn ich welche hätte. Denke ich so. Auch wenn sie nervt. Demütigen ist kein Rezept. Besser: Zum Tierarzt gehen. Wie heute meine Bruna mit ihr. Zum Checken ihres tränenden Auges. Das zum Glück wieder ok ist.

    So ok, dass sie heute ihre Zweitimpfung gegen Katzenseuche bekam. Und wie nice. Kaum ist sie zuhause, springt sich mich zwar erst an – um dann – langsam – zu ihrem Korb zurückzugehen. Sich hineinzulegen. Und zu schlafen. Lange zu schlafen. Ich. Liebe. Impfungen. Und lecke an ihrem Ohr. Wird schon wieder. Denn: Nur was anstrengt, entfaltet Tiefe. Chill, Baby. Ich auch.

  • 25. September 2025

    Über Mafia-Kater und ein krasses US-Comeback

    Auch ich kann Mafia. Capice? Subtiler Terror. Liegt mir. Beispiel gefällig: Ich bekomme Würstchen. Von meiner Bruna. Coco bekommt Würstchen. Von MEINER Bruna. Ich bin fertig, als Coco ihres ins feine Schnäuzchen nimmt. Und ich laufe sodann mit wippendem Gang und ausgefahrenen Schulterblättern auf sie zu. Baue mich vor ihr auf.

    Starre sie an: Und sie checkt sofort, was ich meine: „Kleines, du weißt, dein Würstchen ist meins. Du weißt, was passiert, wenn du nicht parierst.“ Und Coco: Lässt das Würstchen fallen. Zieht den Schwanz ein. Und dampft ab.

    Nun, Mafia ist weder auf mich noch auf Kino oder Italien beschränkt. Und: Naturally gibt es Mafia  noch immer, in der Realität, auch in den USA. Mit dem Präsidenten an der Spitze. Der hat die Medienaufsicht seines Landes mit einem Getreuen besetzt. Der darauf achten soll, dass nur noch Trump-genehme Sendungen ausgestrahlt werden.

    Dieser Behördenaufsichtschef namens Brendan Carr war im Land der Meinungs- und Pressefreiheit so frei, in einem rechten Podcast unverhohlen mit Blick auf missliebige Sendungen – wie den Late-Night-Talk von Jimmy Kimmel –  zu drohen: „Wir können den einfachen oder den schwierigen Weg gehen.“

    Kimmel – den hatte Trump schon zuvor gehasst. Das Fass zum Überlaufen brachten vor gut einer Woche Kimmels wenig sensiblen Aussagen zum Tod des rechten Aktivisten Charlie Kirk. Und Trumps Reaktion: Wut. Ohne Ende. Und Rachegedanken. Die sein Getreuer Carr umsetzte – mit der mehr oder weniger subtilen Drohung eines Lizenzentzuges für nicht spurende Sender.  

    Der Sender ABC, der die Kimmel-Show ausstrahlt, reagierte sofort. Und setzte die Show ab. Was wiederum einen großen Aufschrei nach sich zog – nicht nur bei Demokraten, auch bei Republikanern und Medienschaffenden. Und jetzt, eine Woche später, ist Kimmel back bei ABC. Entschuldigt sich. Ein wenig.

    Und unterhält sich mit dem Schauspieler Robert de Niro, der in den 70er Jahren in dem legendären Film „The Godfather, Teil zwei“ – oder: „Der Pate“ – einen Mafiaboss spielte. And – you know? Im ersten Teil hatte ein Kater wie ich auf dem Schoss des von Marlon Brando gespielten Mafiabosses gethront – ein ikonisches Bild, capice?

    Nun, de Niro parodiert in der Kimmel-Sendung den Behördenchef und sagt: „Die Rede ist jetzt nicht mehr frei, Sie müssen dafür pro Wort bezahlen.“ Und Kimmel: „Für mich sieht es so aus, als ob die Kommission Gangster-Methoden nutzt, um freie Rede zu unterdrücken.“

    Nice! Denke ich so. Felix zwingt mich auf seinen Schoß. Und ich schnurre dann doch. Weil US-Präsident Trump nach der Sendung tobt. Und behauptet, der Sender verbreite zu 99 Prozent demokratischen Müll. So nice. Funktioniert also doch noch. Die Meinungsfreiheit. Chill. Capice?

  • 24. September 2025

    Über Papiertiger und Cocos Fetisch Schnürsenkel

    Mensch mal wieder: Da wirft der eine dem anderen vor, „nur“ ein Papiertiger zu sein. Also sich als Raubtier zu gerieren, aber eigentlich keine Macht zu haben. Und ich denke so: Mamma mia, diese Tiervergleiche. Mensch sollte bei Mensch bleiben.

    Denn Tiger, klar – sind stark. Aber sie sind auch vorsichtig, scheu – und verteidigen nur ihr Revier. Oder ihren Nachwuchs. Ganz anders also als das Russland von Kremldespot Putin. Das aggressiv Nachbarstaaten angreift. Wahllos tötet. Zerstört. Und dem US-Präsident Trump nun vorwirft, nur Papiertiger zu sein. Total schiefer Vergleich. Und zynisch. Mal wieder. Finde ich.

    Trump begründet seinen Vergleich damit, Russland habe es in seinem Krieg gegen die Ukraine seit dreieinhalb Jahren nicht geschafft, echte Erfolge auf dem Schlachtfeld zu erzielen. Und ich frage mich so – was meint der US-Präsident mit echten Erfolgen? Und müsste er nicht vielmehr erwähnen, was Russland da veranstaltet: Massenmord. Würde ein Tiger nie machen.

    Kein Tier, füge ich mal hinzu. Mit Blick auf den Kreml. Der natürlich – auf derselben scheinbar harmlosen Ebene – auf Trumps Papiertiger-Vergleich reagiert. Und meint, Russland sei ja auch kein Tiger. Sondern eher ein Bär. Und Papierbären gebe es nicht. Wie krass. Dieses Niveau. Während weiter Drohnen und Raketen in die Ukraine fliegen. Und Menschen töten.

    Trump jedenfalls vollzieht mal wieder eine Kehrtwende in seiner Ukraine-Politik. Da Russland eben nur ein Papiertiger sei, gehe er davon aus, dass die Ukraine mit Unterstützung der Europäischen Union in der Lage sei, die gesamte Ukraine in der ursprünglichen Form zurückzugewinnen. Schreibt er auf seiner Plattform Truth Social. Neue Töne von ihm. Denn zuletzt hatte er immer wieder Zugeständnisse – sprich: Gebietsabtretungen – der Ukraine an Russland gefordert.

    Warum diese Wende? Russland lasse jedwede Verhandlungsbereitschaft vermissen. Und die Verletzungen des Nato-Luftraums seien inakzeptabel. Heißt es aus Washington.

    Und wieder denke ich so: Und die Opfer in der Ukraine – über sie wird nicht mal ein Wort verloren. Ob Trump Russland nun tatsächlich härter angehen wird. Ich glaube es erst, wenn Taten folgen. Denn schon des Öfteren drohte Trump Sanktionen an – und nichts folgte. So dass ich mich frage: Wer ist Papiertiger?

    Naturally: Ich! Denke ich in einer Selbstbetrachtung. Denn wieder mal fauche ich Coco an. Markiere den Macher. Um Felix zu helfen. Der von Coco attackiert wird. Besser: Seine Schuhe. Besser: Die Schnürsenkel seiner Schuhe. Allein: Es hilft nichts. Sie macht immer weiter. Krallt und beißt. Coco ist Tigerin. Ich bin Papier. Kater. Und chille erst mal eine Runde.

  • 23. September 2025

    Provokationen, Ku’damm am Abend und Amalfi in Italien

    Jeder hat favorite places. Meiner ist am Kopfende des Hochbetts meiner Bruna. Sonne, Toppblick in den Hof und vor allem Ruhe zum Chillen – that’s it. Perfekt. Dachte ich. Bis heute, Da kam Coco plötzlich anstolziert. Hatte es erstmals geschafft, die Leiter emporzuklettern. Stellt sich erst vor mich. Provokant. Dann mit den Vorderpfoten auf mich. Eskalierend.

    Ich atme. Tief durch. Und denke so: Provokation ist das ganze Leben. Testen, wie weit man gehen kann. Im Kleinen, im Großen, bei Menschen, bei Tieren.

    Und ich erinnere mich an Straßenszenen am Ku’damm, präsentiert von Laura. Die da kürzlich – am lauen Samstagabend – mit dem Rad unterwegs war. Und einen Radler beobachtete, der seinen Vordermann beim Anfahren leicht touchierte. Dieser Vordermann sei regelrecht ausgeflippt: „Du Idiot“, habe er den anderen angemacht. „Kannst nicht Rad fahren?“ Und der andere: „Hej, sach mal, geht’s noch? Wenn einer es nicht kann, dann du.“

    Provokation – Eskalation. Laura fuhr weiter. Um kurz danach fast umgefahren zu werden. Von einem auf der Busspur extrem beschleunigenden getunten Mercedes, in dem drei junge, arabischstämmig aussehende Männer saßen. Im Wettrennen mit einem Porsche auf der anderen Spur: Insassen: Zwei junge, arabischstämmig aussehende Männer.

    Und ich denke so: Boah, wie rassistisch! Die Beobachtung von Laura aber bestätigt Felix: Es sei wie in einem klischeebeladenen, schlechten Film gewesen: Zig PS-starke Autos hätten auf dem Boulevard quasi promeniert. Die Insassen – meist junge, arabischstämmig aussehende Männer. Voller Testosteron. Und PS. Sagt er. Toxische Mischung. Denke ich.

    Ich frage mich so: Ist Provokation aber vielleicht auch ein Stück Mentalitätssache? Meine Nuria tourt an der Amalfi-Küste in Italien. Ein Freund von ihr fuhr seinem Vordermann mit seinem Auto auf. Leicht. Dieser Vordermann sei ausgestiegen, Kippe im Mundwinkel. „Bei mir ist ja fast nichts passiert, tut mir leid, dass Euer Vorderlicht kaputt ist“, habe er dann lächelnd gesagt. Und sei weitergefahren.

    Provokationen gibt es überall, auch im Großen, in der Weltpolitik.  Erst lässt Kremlchef Putin Drohnen und Kampfjets über Nato-Gebiet fliegen. Dann gab es vor wenigen Tagen einen Hackerangriff auf mehrere europäische Flughäfen. Und nun:  In der vergangenen Nacht legten mehrere Drohnen den Flughafen von Kopenhagen lahm. Ein ähnlicher Vorfall wurde aus Oslo gemeldet.

    Dänemark und Norwegen sind wichtige Unterstützer der Ukraine. Der ukrainische Präsident Selenskyj zumindest scheint sicher: Russland sei der Drahtzieher dieser Attacken.

    Und ich denke so: Könnten Provokationen Putins sein. Um Nato-Reaktionen zu testen. Und – ein weiterer Effekt: Die Bevölkerung der westlichen Staaten wird verunsichert. Die einen schreien: „Schnell aufrüsten“. Die anderen: “Jetzt verhandelt endlich.“ Die Spaltung schreitet voran. Optimal für Putin. Denke ich so.

    Ich bin-  leider – eher ein Schisser – und Appeaser. Auch wenn ich weiß, das kann und wird oft ausgenutzt. Vor allem von Diktatoren. Wie Coco. Aber: Ein Putin ist sie naturally nicht. Sie setzt sich neben mich. Ich lasse sie gewähren. Und wir schauen gemeinsam in die Sonne. Und chillen.

  • 22. September 2025

    Über Notlügen und eine Heiligsprechung in den USA

    Klar, Katzen und Kater mögen Klettern. Hoch hinaus. Für den fun. Mensch hat fun, wenn er unsereins emporhebt. Mit ungeschicktem Griff unter die Vorderpfoten lässt er uns in der Luft rumhampeln. Und amüsiert sich. Über unsere Hilflosigkeit. Denkt, wir goutierten die Höhe. Merkt nicht, dass für uns der Weg das Ziel ist. Und wir es hassen, die Selbstkontrolle zu verlieren. An ihn – den Menschen.

    Allein. Der rafft es nicht. Weil er es so sweet findet. Wie wir schwebend zappeln. Und ich denke so: Selbst wenn wir es dem Menschen sagen könnten, dass wir das hassen, er würde es nicht akzeptieren. Weil er Wahrheiten, die nicht ins Weltbild passen, nicht sehen will. Und umdeutet.

    Alles also auf Lüge aufgebaut. Leben, Liebe, Leidenschaft?! Obwohl da natürlich wieder die Frage ist: Wer entscheidet, was Lüge ist? Was Wahrheit? US-Präsident Trump etwa? Auf seinem so called eigens von ihm geschaffenen Online-Sprachrohr Truth Social? Really: Truth!!!

    Oder ich? Wenn ich meine Leute linke. Indem ich so tue, als ob ich sie abgöttisch liebe, schnurre, um die Beine streife. Und ich sehe, dass sie mir meine Liebe glauben wollen, Und aus Dankbarkeit Leckerli geben. Und dass das Einzige ist, worum es mir geht. Völlig egal, von wem es kommt. Ok, abgesehen von meiner Bruna… Die mag ich. Vom Herzen. Really.

    Felix und Laura reden auch über den Sinn von Lügen – inspiriert durch ein Theaterstück, in dem sie waren. Mit dem Titel: „Die Wildente“. Von Ibsen. Vor mehr als 140 Jahren geschrieben. Aber aktuell. Da auch die Wirkmacht der Notlüge im Fokus steht. Und gezeigt wird, wie ein Wahrheitsfanatiker Lebenskonstrukte zerstört, indem er Lügen enttarnt – und alles noch viel schlimmer macht.

    Klar. Ist. Mir: Menschen sind unverbesserliche Lügner. Vergangene Nacht feierten bei einer absurd wirkenden Trauerfeier Tausende Menschen den Abschied vom erschossenen Trump-Unterstützer Charlie Kirk. Der dort hochstilisiert wurde zu einem Heiligen, einem Märtyrer.

    Der US-Präsident nutzt, benutzt den Tod, um den Hass gegen Gegner anzustacheln. Behauptet: Kirk sei von einem kaltblütigen Monster erschossen worden, verantwortlich seien radikale linke Spinner. Und ich denke so: Woher weiß er das – wo das Motiv für die Tat noch unklar ist.

    Coco strampelt. In den Händen meiner Bruna. Weit oben. Bis Bruna endlich ein Einsehen hat. Und Coco langsam herablässt. Die dann Brunas Hand leckt. Und mit den spitzen Milchzähnen reinbeißt. Zärtlich. Versteht sich. Auch schmerzlich. Ehrliche Gefühlswallungen eben. Oder so.

  • 21. September 2025

    Über volle und leere Gläser

    Der Blick ins Wasserglas ist immer spannend. Und manchmal sogar prickelnd. Egal, ob halb voll oder halb leer. Es kitzelt. Und das mögen alle Kitten gerne. Auch Coco. Natürlich.

    Diego ist 10.000 Kilometer von mir entfernt. Auf der Ilha Grande vor Rio. Und bei ihm ist es ähnlich. Brasilien: Prickelnd. Im Glas verteilt: Einsamkeit und Unabhängigkeit. Mal so, mal so. Morgens überwiegt die Unabhängigkeit, beim Start zur Wanderung auf einen Berg; abends aber dann die Einsamkeit.

    Wenn niemand da ist, um über den Aufstieg um 1 Uhr morgens auf den 1.000 Meter hohen Berg zu schwadronieren, auf dessen Gipfel er vier Stunden später stand, um einen großartigen Sonnenaufgang zu erleben. Prickelnd. Glas voll.

    Aber umkippend, als er an die kommende Woche denkt. Dann nämlich wird er zurück sein. In Deutschland. Im Herbst. Nach zweieinhalb Monaten. Glas leer. Wobei ich echt sagen muss. Ich freue mich. Auf ihn. Weil er der Kuschler vor dem Herrn ist.

    Auch Staaten können einsam sein. Israel. Wird von der Weltgemeinschaft mehr und mehr isoliert. Weil kaum noch jemand den Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen nachvollziehen kann. Mit dem unermesslichen Leid für die Zivilbevölkerung. Rund 75 Prozent der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen erkennen mittlerweile einen Staat Palästina an.

    Heute kam Großbritannien dazu, auch Kanada und Australien. Morgen will Frankreich den Schritt tun. In der Hoffnung, Schwung für eine Zweistaatenlösung – also einen Staat Palästina neben einem Staat Israel – zu kreieren. Allein: Israel will nicht. Sieht darin eine Belohnung für die Gräueltaten der Hamas-Terroristen am 7. Oktober 2023, als diese 1.200 Israelis massakrierten. Der stärkste Verbündete, die USA, stehen weiter unverbrüchlich an Israels Seite. Und auch Deutschland will einen Staat Palästina nicht anerkennen.

    Wobei klar ist: Ein solcher Schritt ist eh eher von symbolischer Bedeutung. Es gibt kein palästinensisches Staatsgebiet. Palästina beansprucht das Westjordanland, Ost-Jerusalem und den Gazastreifen. Durch Israels Siedlungsbau ist aber nur eine Art Flickenteppich von diesem Gebiet übrig. Glas leer. Denke ich so. Da prickelt nichts mehr.

    Und ich sehe, dass Coco ihre Schnauze nicht mehr aus dem Glas bekommt. Anfängerfehler. Denke ich so. Während Cocos Körper von einem Schauder erfasst wird. Und sie niesen muss. Voll ins Glas. Das nun wie in Zeitlupe kippt. Ich springe weg. Mag Wasser nicht. An meinen weißen Pfoten. Glas leer. Coco frei. Läuft zu mir. Meine Einsamkeit ist weg. Nice.