Tag: 26. November 2025

  • 26. November 2025

    Der transzendente Kater und Übersinnliches im Revier

    Wenn Coco so vor mir hin- und her hüpft, löst sich ihre Gestalt irgendwann auf. Schemen, Schatten, sehe ich nur noch. Denke, auch Kater können wie Gespenster wirken. Übersinnlich. Und ich kann auf sie reagieren. Weil ich immer einen Schritt vor ihr bin und antizipiere, was sie so vorhat.

    Wenn ich mich auf sie konzentriere. Merke ich, dass ich im Vorhinein weiß, wohin sie mich schlagen wird. Und weiche geschickt aus. Und sie? Staunt. Über mich – wenn das eine Katze könnte. Besser: Sie guckt deutlich irritiert. Ob ihrer Fehlschläge. So interpretiere ich ihren Gesichtsausdruck jedenfalls.

    Ich weiß, dass es andere Verbindungen zwischen Lebewesen gibt als die bekannten. Also, Sprache, Blicke, Gestik, Mimik…. Wenn Felix die Balkontür öffnen will, sitze ich bereits minutenlang davor. Um auf den geliebten, weil verbotenen Balkon zu gelangen.

    Wenn meine Bruna nach Hause kommt, steht Coco schon minutenlang und kötergleich vor der Tür – und wartet auf sie. Funktioniert auch unter Menschen: Wenn Laura sich vornimmt, ihre Cousine anzurufen, die sie seit Monaten nicht gesprochen hat, meldet die sich prompt zuvor. Verantwortlich dafür: Irgendwelche Schwingungen. Denke ich so. Übersinnlich. Nicht physikalisch zu erklären. Und weiche Cocos nächstem Schlag aus.

    Nun, die Oma meiner Bruna, Lotte, erzählt, sie habe gestern eine aus Indien in den 1960er Jahren von einer Indienreise mitgebrachte Elefantenskulptur ihrer Mutter in der Hand gehabt. Und habe sich an sie erinnert, wie sie in Kriegszeiten ohne Mann drei Kinder großgezogen habe. Vorhin rief Oma Lottes Schwester an. Und erzählt, sie habe ein Fotoband über Indien durchgeblättert. Und dabei intensiv an ihre Mutter und Lotte denken müssen. Energie.

    Heute sagte der Dirigent des Jugendorchesters meiner Bruna, in diesem Jahr werde wohl keine Reise gemacht. Er müsse immer alles organisieren, an seinen freien Wochenenden. Und die Finanzierung – auch dafür sei er verantwortlich. Sehr, sehr viel Energie benötige er. Den Dank erfahre er indirekt – Jugendliche, die mit leuchtenden Augen von ihren Erlebnissen in Brasilien berichten. Welt so kennenlernten. Und ich denke so: Wie schade, dass sich niemand berufen zu fühlen scheint, da mal mitzuhelfen: Geldgeber vor allem…

    Meine Bruna kommt vom Konfi-Unterricht. Da betreut sie als sogenannte Teamerin die Konfirmanden. Hete war eine Bestatterin da. Die erzählt habe, dass Hinterbliebene der Gestorbenen – wenn sie wollen – die Leiche waschen und ankleiden können. Um nochmal Kontakt aufzunehmen. Ins Jenseits. Denke ich so.

    Und dann peitscht mal wieder Cocos Pfote in meine Richtung. Ich biete ihre meine rechte Flanke. Damit sie endlich Ruhe gibt. Sie trifft. Und ich atme durch. Sagt der transzendente Hauptstadtkater. Der über euch wacht. Und jetzt: Chillt, Leute. Und sucht das Übersinnliche.