Tag: 26. Oktober 2025

  • 26. Oktober 2025

    Wunder des sich wundernden Katers

    Ich wunder mich, wenn Menschen sich wundern. Immer wieder aufs Neue. Denken sie, ich würde mich freuen, wenn sie nach ihrem Urlaub in mein Revier zurückkehren. Immer wieder aufs Neue gehen sie davon aus, ich würde kötergleich schwanzwedelnd auf sie zustürzen. Sie ansabbern. Nein. Geschah noch nie. Wird nie geschehen. Auch heute nicht. Wo sie aus ihrem ach so geliebten Barcelona zurückkommen.

    Ich wende mich ab. Als die Haustür aufgeht. Und auch Coco – und das macht mich stolz, denn sie hat es von mir gelernt – zeigt ihnen ihre kalte Schulter. Und ich denke so, als ich meine Bruna säuseln höre: „Charlie, wo bist du? Na los, kommt doch mal.“ „Never ever. Ich bin ein Kater. Mit Stil. Eleganz. Und einer Prise Hochmut, gemischt mit Stolz.“

    Kein Wunder inklusive Köter-Erscheinung also durch mich für die sich wundernde Bruna. Während auch meine Verwunderung über Menschen weiter steigt. Meine Laura erzählt, sie habe sich heute bei einem europaweit agierenden Mietwagen-Verleiher ein E-Auto gemietet. E-Mobilität. Soll ja die Zukunft sein. Nicht bei diesem Unternehmen. Und wohl auch nicht bei seinen Konkurrenten.

    E-Mietwagen würden wieder abgeschafft, sagt ein Mitarbeiter dieses Unternehmens. Denn die Kunden wollten sie nicht. Hätten Vorbehalte, das Auto nicht bedienen zu können. Wüssten nicht, wo sie das Auto laden könnten. Und wenn sie dann doch eine leistungsfähige Ladesäule gefunden hätten, sei der Preis für den Strom nicht erkennbar.

    Benötige man eine App zur Entriegelung der Säule. Und könne nur mit Kreditkarte bezahlen. Viele Hürden, anstatt niedrigschwellige Angebote. Denke ich so. Und hüpfe auf das Sofa. Schlittere zu Coco zum Kuscheln. Und denke: Die Deutschen bleiben bei ihren Benzin- und Dieselautos. Während die Welt auf Elektro umsteigt. Wunder-Insel Deutschland.

    Eigentlich – ich gebe es frank und frei zu, nicht wundern – würde ich ja doch mal gerne aus meinem Pelz. Um Freude zu zeigen. Dass sie, meine Bruna, zurück ist. Entspricht aber tatsächlich nicht meinem Stil. Meinem Vibe. Naturell. Und ich kann nicht über ihn springen – meinen Schatten. Ist nicht niedrigschwellig genug. Denke ich traurig. Denn meine Bruna ist schon wieder weg. Fährt mit E-Auto und Laura in ein Brandenburger Schloss. Wo sie eine Musikfreizeit mir vorzieht. Ist voll enttäuschend.

    Meine selbst für mich überraschende Übersprungshandlung: Ich jumpe auf Coco. Wir wälzen uns. Als ob es kein Morgen gäbe. Dass dabei Spuren auf dem Ledersofa zurückbleiben. Geschenkt, denke ich so: Patina schaut gut aus, gibt diesem Möbel seinen einzigartigen Charme. Charakter.

    Denkt meine Laura aber leider nicht. Was mich erneut verwundert. Denn sie giftet mich nun auch noch an. Wie hässlich die Kratzspuren seien. Also kullern Coco und ich auf den Teppich. Während ich denke: „Yes, naturally.  Kratzspuren auf dem Sofa sind nice. Bleib doch mal cool, Laura.“ Sagt der sich wundernde Hauptstadtkater. „Der über euch wacht. Und wünscht: Chillt. Und wundert euch.“