Tag: 10. September 2025

  • 10. September 2025

    Übers Allein-Sein und Diego in Brasilien

    Ich bin nicht mehr allein. Also, war ich ja nie. Weil meine Leute da waren und sind. Meist. Und jetzt ist ja auch wieder ein Artgenosse von mir hier. Besser gesagt: Artgenossin. Ich gewöhne mich daran. Beobachte sie. Schnüffle sie. Renne mit ihr. Alles nice. Aber – ich habe auch etwas verloren. Durch sie – meine absolute Selbstbestimmtheit. Autonomie. Und Ruhe. Weil Coco immer wieder dazwischen spritzt. Baby eben. Riesenbaby.

    Diego und ich machen da gerade ähnliche Erfahrungen. Er in Brasilien. Wo er jetzt allein tourt. Und prompt zwischen Extremen schwankt, die er gar nicht kannte, als er noch mit seinen Freunden unterwegs war – die mittlerweile allesamt abgereist sind. Er finde cool, machen zu können, was er wolle, wann immer er es wolle – also weiterreisen, ans Meer gehen, Essen kaufen. Und er liebe es, die Ruhe zu genießen. Chillend. Wie ich.

    Aber manchmal, ja manchmal hole ihn der – tatsächlich: Katzenjammer ein. Sagt er. Und er werde von der Einsamkeit gepackt. Und die könne richtig weh tun. Und niemand sei da, seine Gedanken mit ihm zu teilen. Die er dann aber doch findet. Quasi zwangsläufig.

    Abends war er mit einem Brasilianer, bei dem er wohnte, unterwegs. Wäre wohl nicht passiert, wenn seine Freunde noch da gewesen wären. Mit Will, dem glücklicherweise englischsprechenden Brasilianer, habe er Fisch gegessen. Und Will habe ihn – den Anti-Alkoholiker – „gezwungen“, zwei Caipirinha zu trinken. Habe tatsächlich geschmeckt. Müsse er aber nicht wiederholen.

    Später habe er dann am Meer den Sonnenuntergang genossen. Und sei von zwei brasilianischen Studentinnen angesprochen worden. Die hätten sich cool mit ihm über Fußball und Echsen unterhalten. Zum Tanzen habe er dann aber nicht mitgehen wollen. Mache er ja auch in Deutschland nicht. Kann ich verstehen.

    Und überhaupt so: Allein durch die Altstadt von Sao Luis schlendernd, habe er den Vibe der Stadt gespürt. Weil er sich darauf eingelassen habe. Die Stadt aufzusaugen, sich auf sie zu konzentrieren. Wäre mit Freunden nicht gegangen. Weil sie sich unterhalten hätten. Abgelenkt gewesen wären.

    Ich sitze hinter Coco. Bin gespannt, wie sich das mit ihr weiterentwickelt. Wo sie doch jetzt schon fast so groß ist wie ich. Mit knapp drei Monaten. Sie läuft auf mich zu. Nase-Nase. Dann spüre ich ihre raue Zunge an meinem Auge. Und ich weiß sofort: Ich will nicht wieder allein sein.