Über das Ende der Einsamkeit und Diegos Einsamkeit in Brasilien

Will ich wirklich allein sein? Nein. Plötzlich bin ich nicht mehr allein. Coco ist überall. Wo ich bin. An meinem Futter. An meinen Leckerli. In meinem Bett. Bei meiner Bruna. Und ich? Ich beobachte. Erst mal. Wundere mich, ob so viel Lebensfreude, die sie da versprüht.
Will mich aber erst mal bewusst nicht becircen lassen. Wie alle anderen. Meine Menschen. Die ihr huldigen. Sie feiern. Mit ihr herumtollen. Spielen. Platt vor Entzücken jeden Wunsch von ihren ockerfarbenen Augen ablesen.


Klar, sie ist eben eine Nette. Auf jeden Fall. Finde ich ja auch. Sie schnüffelt gut. Baby eben. Sie ist weich. Ihr Augenaufschlag. Und: Sie liebt Chillen. Sie liebt die Sonne. Wie ich. Und schon sitzt sie auf meinem Sonnenplatz. Auf dem Küchentisch. Und ich – wohin soll ich?
Übrigens: Diego ist jetzt alleine. Alleine in Brasilien. Sein Freund Boris ist jetzt wegen seiner Schulterverletzung – unglaublich: Eine Welle in Peru hat ihn zu Boden geschleudert und die Schulter zerstört – nun: Boris also ist heute nach Deutschland abgereist. Weil er sich hier operieren lassen will. Eigentlich wären er und Diego jetzt noch drei Wochen gemeinsam durch Brasilien gereist. Jetzt macht es Diego alleine.
Krass. Ohne Portugiesisch- oder Spanisch-Sprachkenntnisse. Englisch spräche da kaum einer. Sagt Diego. Er reist – ohne Freunde. Ohne mich. Aber klar, allein sein stärkt auch. Habe ich gemerkt. Ich bin ich. Ein widerstandsfähiger Kater. Nun, Resilienz also gibt es. Sage ich mal so. Ganz im Soziologen-Jargon. Der gerade voll en vogue ist.





Coco jedenfalls ist on top. Soll sie. Ich kann gönnen. Lasse sie mal aufs Sofa. Wir schnüffeln uns – aus sicherer Entfernung. Gesellschaft kann auch nerven. Muss aber nicht. Also lasse ich sie mit meiner Maus toben. Aus meinem Brunnen trinken. Sogar mein Klo besuchen. Werde verzaubert. Von ihrer kratzigen, leisen Stimme. Von ihren ockerfarbigen Augen. Will ich wirklich allein sein? Nein.